Andacht zur Jahreslosung 2023
Du bist ein Gott, der mich sieht. (1. Mose 16, 13)
Kennt ihr noch aus frühen Kindertagen das Spiel „Ich sehe was, was Du nicht siehst, und das ist …“ – je nachdem welchen Gegenstand man ausersehen hatte, wurde nun die entsprechende Farbe genannt. Ein einfaches Spiel zum Zeitvertreib auf langen Autofahrten oder im Wartezimmer oder pädagogisch wertvoll eingesetzt, um bei Kindern Fokussierung und räumliche Wahrnehmung zu stärken.
In der Jahreslosung 2023 geht es auch um eine aufmerksame Wahrnehmung und um einen echten „Hingucker“. Genauer gesagt werden das Sehen und die Sichtweise Gottes zum Ausdruck gebracht. Gleich einem persönlichen Bekenntnis spricht die Magd Hagar: „DU bist ein Gott, der MICH sieht!“ Sie befand sich zu diesem Zeitpunkt in der Wüste auf der Flucht, weil sie zuvor von ihrer Herrin Sarai gedemütigt worden war. Inmitten dieser zerfahrenen Situation und innerer Kränkung begegnet ihr ein Engel und richtet sie wieder auf.
Im Gegensatz zu Gott können wir nicht in die Tiefen des Herzens hineinsehen. Wir wissen oft nicht, wie es dem Nächsten wirklich geht; wir können es nur erahnen, wieviel Not, Einsamkeit und mancherlei innere Leere
unsere Mitmenschen tragen müssen.
Ausgehend von der Jahreslosung lautet unser Jahresthema als Gemeinde deshalb „Aufmerksam sein“. Aus der Bewusstheit heraus, dass Gott unsere persönlichen Sehnsüchte und Belange ansieht, wollen wir auch einander wahrnehmen und füreinander achtsam sein.
Dabei ist die Frage der Aufmerksamkeit zunächst mal eine Frage der inneren Haltung. In einer Zeit, in der sich Menschen zurückziehen und ihr Umfeld bewusst ausblenden, um Kräfte für die eigenen Lebensbaustellen zu sparen, will das Jahresthema neue Horizonte und Blickwinkel ermöglichen. „Aufmerksam sein“ befreit von eigener Egomanie. „Aufmerksam sein“ stiftet Beziehung und Gemeinschaft, weil der Mitmensch in seinem Ergehen nicht egal bleibt. „Aufmerksam sein“ lässt die Sinne schärfen für Atmosphäre und für nonverbale Kommunikation.
Wer aufmerksam durchs Leben geht, sieht mehr vom Leben. Gleiches gilt auch fürs Gemeindeleben. Hier braucht es immer wieder eine Zugewandtheit, damit Menschen sich mitteilen im Geiste der Wertschätzung. In diesem Wesenszug ist uns Jesus Christus zum Vorbild geworden. Er hat genau hingesehen und nicht die Augen verschlossen vor dem Wesentlichen. Seine Aufmerksamkeit galt der seelischen Bedürftigkeit nach Heil und Frieden.
„Du bist ein Gott, der mich sieht.“ – welch ein Vorrecht, bei Gott nicht viele Worte machen zu müssen, um sich lang und breit zu erklären. Aus diesem Wissen unbedingter Annahme erwächst die Liebe zu sich selbst und daraus wiederum die Nächstenliebe. In diesem Sinne wünsche ich uns allen von Herzen ein gesegnetes und aufmerksames Jahr 2023!
„Seid so unter euch gesinnt, wie es der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht: Ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient.“ (Phil 2, 4+5)
Maik Berghaus